Mittwoch, 25. Februar 2015

Sudan mit Herbert - nach 33 Jahren 05.02.- 20.02.2015

Nach 33 Jahren wieder mit Herbert. Wir haben uns in Istanbul getroffen - zum ersten Mal nach 15 Jahren. Wir hatten uns viel zu erzählen und die letzten Jahrzehnte aufgeholt. Auf dem Nachtflug saß ein älterer Italiener neben uns, der sich irgendwann lautstark beschwerte, weil wir so laut lachten und uns unterhielten.
Die Ankunft in Khartoum war relativ flott. Wir passierten die Zollkontrolle schnell, aber als wir unser Gepäck abholten wurden wir vom Zoll aufgehalten, die Herberts Reisetasche untersuchen wollten. Dort befand sich ein Aufkleber, der ihnen suspekt war. Herbert hatte diese Tasche für einen sudanesischen Bekannten mitgebracht und wollte sie nicht öffnen. Nach einigen Diskussionen riß ich den Aufkleber ab, lud die Tasche wieder auf den Wagen und bewegte mich zum Ausgang. Dort wurden wir nochmals aufgehalten, aber der Zöllner sah, dass sich kein Aufkleber mehr an der Tasche befand und ließ uns passieren.  Wir wurden von Awads Bruder Gindil und seinem Freund Gamal abgeholt und nach Hause gebracht.Unser Freund Awad, der diese Reise ins Rollen gebracht hat, blieb in Australien und hielt nur telefonisch mit uns Kontakt. Wir wohnten bei Awads Familie.

Am nächsten Morgen wollte Herbert sogleich auf den Souk. Wir fuhren mit dem Bus und  latschten endlos bei glühender Hitze durch die Stadt, waren irgendwann beim Nil und kehrten abends wieder nach Hause zurück.Khartoum ist in den letzten Jahrzehnten enorm gewachsen, auch aufgrund des Ölbooms. Die Stadt hat sich verfünffacht and Bevölkerung und Ausdehnung. Zum Glück konnte ich anhand des Navis wieder zurückfinden.

Herbert ist inzwischen fast 66 und technisch noch auf dem Stand der frühen 80er. Computer und Handys sind ihm zutiefst suspekt und unnötig. Aber er musste doch manchmal zugeben, dass mein Multifunktionsgerät auch seine guten Seiten hatte. Das Navi, die Taschenlampe, die Kamera und mit meiner sudanesischen Simcard konnten wir fast kostenlos nach Deutschland telefonieren.
 Am Sonntag hatten endlich die Behörden wieder geöffnet und wir wagten den den Hürdenlauf um alle nötigen Stempel zu ergattern. Herbert wehrte sich heftig, als Gindil und Gamal uns halfen, aber ohne sie hätten wir für diese Aktion Tage gebraucht. Schließlich erstanden wir für rund 40 Euro eine Reisegenehmigung und bestiegen Montags früh den Bus um nach Atbara zu fahren.
Die modernen Reisebusse sind tiefgekühlt und ich habe mir sofort einen Schnupfen geholt. Der Busbahnhof am Stadtrand, aber wir fuhren mit dem Tuktuk, die hierzulande Riksha heißen, in die Stadt und fanden ein annehmbares Hotel in der Nähe des Souk. Schon damals hatten wir in dieser Stadt 2 Tage verbracht, aber nach 33 Jahren erkannten wir sie nicht wieder. Nachdem wir in der Stadt herumgeschlendert waren, sind wir am nächsten Tag mit dem Bus weiter nach Port Sudan. Herbert wollte ins "billigste" Hotel der Stadt und das haben wir dann auch gefunden. Die sanitären Anlagen waren derart, dass wir auf jegliche Körperreinigung verzichteten. Die Betten waren seit Monaten nicht bezogen und der Fußboden hatte schon ewig kein Wasser mehr gesehen. Nach einer schlaflosen
Das Bad in Port Sudan
Nacht waren wir froh, als der Muezzin um 5 Uhr loslegte und beschlossen weiterzuziehen. Wir mussten zugeben, dass wir beide um 33 Jahre gealtert waren und nicht mehr so hart im Nehmen wie damals. Zumindest ein eigenes Bad sollte es schon sein. Und auch nicht mehr das billigste Hotel.
Wir fanden einen Bus nach Suakin und suchten uns ein Hotel mit eigenem Bad. Es war zwar nicht toll, aber die Betten waren frisch bezogen und es gab auch manchmal Wasser und Strom. Obwohl der Ort nur etwa 5.000 Einwohner hatte, war jedes zweite Haus ein Hotel. Ich erfuhr, dass die Fähre nach Jeddah dort anlegt und deswegen viele Leute dort nächtigen. Es herrschte auch ein reger Handel, vor allem mit Flachbildglotzen, Kühlschränken und Waschmaschinen. Außerdem war es windig und kühl, nur etwa 25 Grad. Da kam zu dem Schnupfen noch ein ordentlicher Husten. Der Verkauf von Tempotaschentüchern in dem kleinen Ort stieg enorm. Außerdem habe ich mir eine wunderhübsche Plüschdecke chinesischer Fabrikation gekauft und mich warm eingepackt. Herbert fing an wegen der "Schönheit" der Decke zu stänkern, aber sie war wunderbar warm und ich habe sie mit nach Deutschland geschleppt.
Der Beach in Suakin

Wir erkundeten die Stadt. Vor 30 Jahren war ich hier und habe mit Stefan in den Ruinen gecampt. Die Stelle habe ich aber nicht mehr wieder gefunden. Die Ruinenstadt wird jetzt zum Teil wieder aufgebaut. Es ist auch ein modernes Gebäude entstanden, das einmal Hotel und Museum werden soll. Ein einheimischer Führer zeigte uns alles und anschließend sind Herbert und ich noch allein übers Gelände gestreift. Suakin war im 19. Jahrhundert der größte und einzige Hafen im südlichen Roten Meer, aber nach der Gründung von Port Sudan vor rund 100 Jahren verfiel der Ort zusehends und ist seit über 50 Jahren nicht mehr bewohnt. Vor 30 Jahren bestand Suakin nur aus ein paar Lehmhütten, inzwischen hat sich dank der Fähre ein kleiner Ort mit Steinhäusern und überdurchschnittlich vielen Hotels entwickelt.
Nach 3 Tagen wollten wir weiter, erfuhren aber, dass der Bus nach Kassala schon abgefahren sei. Deshalb versuchten wir zu trampen und fanden auch schon bald ein Auto, dass uns bis zum nächsten Polizeiposten am Rande der Stadt mitnahm, wo die Polizei ausgiebig unsere Pässe kontrollierte und uns dann nach Suakin zurückbeorderte um am nächsten Morgen den Bus zu nehmen. Also verbrachten wir noch eine Nacht dort und fuhren am nächsten Morgen um 7 mit dem Bus weiter.
In Kassala nahmen wir ein Taxi in das "beste" Hotel der Stadt. Es war wirklich vergleichsweise sehr gut mit eigenem Bad und alles funktionierte. Da ich unterwegs in allen Garküchen gegessen hatte kam dann zu dem Schnupfen und Husten auch noch Dünnschiß dazu... Ich suchte eine Apotheke um Darmbeton zu kaufen. Nach wenigen Stunden ging es mir besser. Vor dreißig Jahren war ich schon mal in dieser Stadt gewesen. Damals herrschte gerade die große Hungersnot in Äthiopien, Hunger als Waffe in dem Krieg um die Unabhängigkeit. Die Stadt war damals voll von Flüchtlingen und großen Flüchtlingslagern in der näheren Umgebung. Viele dieser Leute sind geblieben, die Grenze nach Eritrea ist nur etwa 30 km entfernt.
Die Stadt liegt am Fuße von felsigen Bergen und wir beschlossen, ein bisschen zu klettern. Natürlich in der größten Hitze, wie sich das für Bleichgesichter gehört. Dort ist mein Kreislauf dann in den Keller gerauscht und ich war einige Minuten weg...  Aber sonst war es ganz toll.
Dienstags sind wir wieder nach Khartoum zurückgefahren. Unser Bus was dieses Mal innen mit rotem Plüsch ausgelegt und Herzchen. Man fühlte sich mitten im Rotlichtbezirk...
Abends kamen wir nach 12 Stunden im Bus ziemlich kaputt zuhause an und besuchten unseren Freund Baghri und seine Familie. Mittwochs liefen wir noch ausgiebig über den Souk, ich bekam ein bisschen zuviel Sonne ab und war ziemlich rot - trotz Sonnencreme Faktor 50. Abends hatten wir alle ins beste Restaurant von Omdurman eingeladen, direkt am Nil. Es gab Pizza und sudanenisches Essen, alles sehr lecker.
Donnerstags schliefen wir ausgiebig lange und packten dann unsere Koffer. Meiner war eine ganze Ecke schwerer als bei der Einreise. Nicht nur wegen der Plüschdecke. Reich beschenkt von allen platzte der Koffer aus allen Nähten. Herberts Frau hatte uns schon erzählt, dass es in Istanbul geschneit hat, aber das es solche Auswirkungen haben würde, konnten wir uns nicht vorstellen.
Ghadafis Ei
 lud uns abends in das allerbeste Restaurant ein, im 16. Stock von Ghaddafis Ei, einem 5-Sterne-Hotel. Herbert wollte sich weigern, zog sich dann aber auf dem Parkplatz um, nur um festzustellen, dass das Restaurant zwar fein war, aber trotzdem von Chinesen in kurzen Hosen mit Badelatschen bevölkert war. Wir wären gar nicht aufgefallen. Das Essen war lecker, aber am besten war die tolle Aussicht über die Stadt und den Nil. Gegen Mitternacht fuhren wir mit allen Freunden zum Flughafen. Zum Glück war auch Mustafa mitgekommen. Er hatte in Berlin studiert, arbeitet bei der deutschen Botschaft und hat Schmiss bei den Frauen. Dank seiner Hilfe konnten wir ohne Probleme den Flughafen betreten. Wir gaben unsere Pässe einer jungen Frau, die mit Mustafa schäkerte und gingen wieder nach draußen um uns zu verabschieden. Nach einer halben Stunde kam sie wieder mit unseren Pässen und der Boarding Card. Alles war ordnungsgemäß abgestempelt, wir mussten keinen Cent für das Ausreisevisum abdrücken!!!  
Einziger Wermutstropfen: Wegen des Schnees kam das Flugzeug mit 2 Stunden Verspätung an. Wir verpassten unsere Anschlußflüge wie einige hundert andere Passagiere. Die Türken taten was sie konnten, waren sehr hilfsbereit und unbürokratisch, trotz der langen Schlangen. Ich hatte Glück und konnte die Mittagsmaschine nach Stuttgart nehmen während Herbert auf den Abendflug nach Berlin warten musste. Der Istanbuler Flughafen sah aus, als läge er mitten in Alaska. Selbst wenn es nicht mehr schneit, dauert es noch einige Tage bis der Betrieb wieder normal läuft. Aber sogar mein vegetarisches Essen ist mit umgebucht worden, obwohl ich es nicht extra erwähnt habe und auch mein Koffer kam mit an. Herberts Koffer allerdings nicht.

Herbert, Jutta, Abdallah
Freitagabend war ich zuhause, müde, hustend und verschnupft. Aber es war supertoll und ich hoffe, nächstes Jahr wieder dorthin reisen zu können. Der Sudan ist und bleibt mein Lieblingsland - gerade wegen der Menschen dort. Der bürokratische Hindernislauf bemüht sich nach Kräften Touristen fernzuhalten, aber man kann unbesorgt reisen - auch als Frau allein und wird NIE !!! angemacht. Meist zahlt man auch nur die ortsüblichen Preise und wird selten angebettelt. Wir haben in den 2 Wochen keine anderen Weißen getroffen.

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