Mittwoch, 24. November 2010

Bürokratie ohne Ende

Morgen flüchten wir nach Saint Louis. Seit ich hier bin, bin ich nur zwischen zuhause, der Botschaft und Brigitte hin- und hergependelt und das geht mir inzwischen gewaltig auf die Nerven.
Wir warten – zuerst auf Willys Pass, den er vor über einem halben Jahr beantragt und bezahlt hat. Da der Pass aber in Kinshasa ausgestellt werden musste, war es von Anfang an klar, dass es etwas dauern würde. Aber was sie mit Willy in den letzten Monaten angestellt haben, spottet jeder Beschreibung. Er hat ihm im Mai beantragt, zusammen mit seiner Geburtsurkunde. Seit August vertröstet man ihn Woche für Woche, dass der Pass in den nächsten Tagen kommen wird. Dann hieß es, eine Botschaftsmitarbeiterin, die gerade in Dakar sei, würde ihn mitbringen. Danach fuhr diese Dame aber nach Europa in Urlaub. Als ich ankam, war ich drauf und dran, nach Dakar zu fahren, um diesen verdammten Pass abzuholen.
Aber Willy rief noch mal seinen Intimfeind, den Premier Conseiller an, der gerade in Kinshasa weilt. Diese Feindschaft beruht noch aus alten Zeiten, aber dieser Herr sitzt leider am längeren Hebel und ist für den Pass zuständig. Er versprach immer, am Wochenende zurück zu kommen, aber bis jetzt ist er noch nicht aufgetaucht.
Dann hatten wir die Idee, den Pass und die Geburtsurkunde mit DHL Express schicken zu lassen. Der Spass kostete rund 70 Euro und dauerte 5 Tage. Es kam ein Umschlag mit 2 Pässen, Willys und der Pass eines anderen Botschaftsmitarbeiters. Die Geburtsurkunde fehlte aber….
Es stellte sich auch raus, dass Willys Pass schon am 10. Juni 2010 ausgestellt war, ihn aber erst am 21. November erreichte. Ich bin damit sofort zu deutschen Botschaft geflitzt und habe zumindest diese Verpflichtungserklärung ausgefüllt und den Antrag für die Aufenthaltserlaubnis mitgenommen. Die Deutschen wollen die Geburtsurkunde im Original, mit einem Stempel von kongolesischen Außenministerium und beglaubigt von der deutschen Botschaft in Kinshasa. Außerdem wollte man eine Bestätigung, dass Papa Bonga, der uns getraut hatte, überhaupt dazu berechtigt sei.
Der Premier Conseiller der Deutschen gab mir den Rat, die ganze Sache sportlich zu nehmen. Wir seien nun mal in Afrika, wo die Uhren anders ticken als in Europa. Das weiß ich zwar auch, aber am Sonntag fiel es mir schwer, diesen Rat anzunehmen. Als mir dann noch die Pfanne mit unserem Mittagessen aus der Hand rutschte und alles auf dem Fussboden landete, war ich so entnervt, dass ich nur noch plärrte.
Gestern traf die Geburtsurkunde per Email ein, aber das genügt natürlich nicht. Heute habe ich nochmals mit der deutschen Botschaft telefoniert und wir sind jetzt für nächsten Montag verabredet.
Deswegen haben wir kurzentschlossen, morgen für 3-4 Tage nach Senegal abzuhauen. Saint Louis ist von hier aus rund 300 km entfernt – plus Grenze. Das dürfte in 6-8 Stunden zu schaffen sein. Willy beantragt jetzt ein Express-Visum, ich brauche zum Glück keins.
ABER: Auch der Senegal kennt die Bürokratie und das Visum braucht 48 Stunden.....
Heute abend ruft Willy nochmal in Kinshasa an und morgen früh bezahlen wir nochmals DHL und hoffen, dass dann am Sonntag alles angekommen ist. Inzwischen bin nur froh, wenn wir vor meiner Abreise Willys Aufenthaltserlaubnis beantragen können.
Jetzt muss ich aber noch vom Metzger erzählen. Ich bin inzwischen Stammkunde in der Metzgerei. Der Metzger ist schwarz und damit meine ich nicht nur seine Hautfarbe. Auch sein T-Shirt ist schwarz und seit ich dort einkaufe, hat er es meiner Ansicht nach noch nicht gewechselt. Er kennt mich und lacht mir immer schon entgegen, wenn ich den Laden betrete. Was darf es heute sein, Madame? Wieder Fleisch für 400 Ouguiya ohne Knochen?
Wenn ich Laden betrete, halte ich unwillkürlich die Luft an. Es stinkt penetrant, viel schlimmer als der schlimmste Laden in Deutschland. In dem kleinen Laden leben auch tausende von Fliegen, die sich auf alles setzen – und wahrscheinlich auch scheißen… Seit ich hier bin, habe ich schon mehr Fleischgerichte gebrutzelt und gekocht als in den letzten 20 Jahren! Dabei sind meine Möglichkeiten in unserer provisorischen Küche sehr begrenzt.
Es amüsiert mich aber sehr, dass der Metzger mich für einen Fleischfresser hält.

2 Kommentare:

  1. Da muss ich doch glatt an so eine Episode in Ostdeutschland denken,ich sage nur "Spanferkel"
    Würg!!!
    Liebe Grüße
    Markus

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  2. Hallo Jutta,

    durchhalten und sich auf den deutschen Schnee freuen! Das wird die gereizten Nerven abkuehlen!

    Komme selbst gerade aus Uruguay zurueck...temperaturschock!
    Dort gab es auch Fleisch in massen, aber ich kam gut ohne aus, da es auch anders als bei uns zubereitet wird.....z. Bsp. das Haehnchen noch halbroh auf deinem Hotelteller serviert wird und auch die Kartoffeln fertig zu garen, scheinen die dortigen Koeche nicht unbedingt zu wissen!

    Ich hoffe, dass ihr diesen Buerokratieschei......regeln koennt....mannomann....klingt echt spannend und ich moechte nicht wissen, wie ICH nervlich reagieren wuerde....habe selbst hier gerade etwas zu regeln, das mich schon an den Rande des Wahnsinns treibt und dabei ist es eigentlcih nur eine "Kleinigkeit" bei der hiesigen Stadtverwaltung!

    Ich drueck die Daumen, dass ihr es trotzdem bald schafft!

    Liebe Gruesse Isa

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