Nach drei Wochen Deutschland schon wieder Nouakchott. Der Rückflug im Dezember war so frustrierend, dass ich an meinem ersten Arbeitstag gleich nach einem neuen Flug gesucht habe und zwei Tage später schon wieder gebucht habe. Im Dezember musste ich leider arbeiten, da ich keinen Urlaub mehr hatte, aber das neue Jahr war nicht weit.
Also bin ich am 31. Dezember pünktlich um Mitternacht in Nouakchott eingeschwebt. Um die Weihnachtszeit waren alle Flüge extrem teuer außer eben an Silvester. Aber von Silvester war nicht viel zu merken. Es waren zwar noch Leute unterwegs, aber es war ziemlich still. Willy, Brigitte und ihre Kinder holten mich ab und wir fuhren gleich nach Hause.
Hier ist es jetzt "nur" noch 20-25° warm und nachts nur noch so 13-15°. Dazu weht ständig der Wind aus Osten (Richtung Wüste)und bläst den mehlfeinen Sand durch die Gegend. Halb Nouakchott ist erkältet und ich auch. Leider habe ich nach dem extrem heißen November kaum langärmlige Sachen mitgenommen und ziehe deswegen meistens am Abend Pullis von Willy an. Wir haben uns auch eine Decke gekauft. Im November war es auch nachts noch so heiß, dass wir uns nie zugedeckt haben. Jetzt kühlt es abends ziemlich ab. Dafür ist es aber um die Mittagszeit angenehm warm.
Hier läuft alles mehr oder weniger normal. Am 2. Januar rief ich in der deutschen Botschaft an, aber man teilte mir mit, Herr Albers sei nicht in der Stadt und ich solle es eine Woche später nochmal probieren. Eine Woche später dasselbe, aber dieses Mal verlangte ich einen Deutschen zu sprechen und wurde mit einer Dame verbunden, die mir mitteilte, Herr Albers sei ab 17. Januar wieder zurück. Ich rief ihn auch gleich am 17. an und wir verabredeten und für den 19. Januar. Willy hat einen ganzen Packen an Dokumenten, alles im Original und mit jeweils 2 Kopien. Er hatte alles schon seit vier Wochen fertig, aber zuerst war Herr Albers krank und dann im Urlaub. Ich habe auch schon einen preiswerten Flug gefunden - am 28.2. hoffentlich klappt es bis dahin mit der Aufenthaltserlaubnis.
Mit Willy habe ich jeden Tag deutsch gesprochen und er machte deutliche Fortschritte. Er kann sich schon einigermaßen ausdrücken, auch wenn er noch viele Fehler macht. Aber man versteht - meistens wenigstens - was er sagen will. Ich habe das Volkshochschulbuch mitgenommen und wir arbeiten uns voran. Der Deutschkurs fängt am 14.3. an - mit Lektion 3. Die beiden ersten haben wir schon durch. Ich habe ja Übung durch die vielen Austauschschüler.
Wir waren bei einem Couchsurfer Treffen mit 8 Leuten aus 8 Ländern. Am besten habe ich mich mit Walter aus Rumänien verstanden. Er wohnt in Berlin und spricht fließend deutsch. Er hatte ein kleines Geldproblem, da sehr zu seiner Überraschung seine Kreditkarte hier nicht funktioniert. Aber ich konnte ihm helfen und er ist jetzt weiter nach Mali gereist.
Die anderen Couchsurfer kamen aus Mauretanien, Frankreich, Schweden, China und den USA. Willy und ich waren die ältesten, die anderen waren zwischen 25 und 30. Die meisten leben hier. Mit Dada aus Nouakchott hatte ich mich schon vorher getroffen und wir haben uns für das Savanna Cafe entschieden, da dort die Preise normal waren. Um 9 Uhr zogen wir um ins Medina, da dort "open-mic-night" war.Ansonsten habe ich mich in aller Ruhe mit Spendenbescheinigungen und Jahresdankesbriefen beschäftigt und habe auch an dem neuen Newsletter gearbeitet. Aber da ich ja viel Zeit hatte, lief das alles ohne Stress. Ich muss auch nicht falten, eintüten und zur Post bringen, das macht jetzt der Thomas in Solingen. allein das finde ich schon sehr entlastend.
Wir wohnen hier in einer Art Zweck-WG mit Medizin-Studenten. Willy hat in der Wohnung ein Zimmer mit Bad gemietet. Dann gibt es noch ein anders Zimmer und eine Art Küche, d.h. einen Raum mit nicht installierter Spüle sowie ein Plumpsklo mit integrierter Eimerdusche und einen Vorraum, in dem auch das Wasser in einen Eimer tröpfelt. Es gibt KEIN fließendes Wasser.
Die Studenten haben ursprünglich nur zu zweit den anderen Raum gemietet, aber inzwischen wohnen sie dort zu siebt oder acht und es schlafen auch welche in der Küche, die eigentlich nur eine Rumpelkammer ist. Der Vorraum hatte letzte Woche den Siff-Grad erreicht, wo ich es nicht mehr mit angucken konnte und habe mal alles aufgeräumt und gesäubert, wobei ich ein paarmal fast gekotzt hätte. UND ICH BIN NICHT ZIMPERLICH !!! bei solchen "Ärzten" sollte man besser nicht krank werden.
Ich nehme an, die Studies kommen vom Land, sonst würden sie bei Muttern wohnen, aber auch wenn sie brave Moslems sind, nicht rauchen und nicht saufen, feiern sie doch gerne lange und ausgiebig und laut. Darin unterscheiden sie sich in nichts von anderen Studenten. Aber wenn sie Medizin studieren, dann steht Hygiene wahrscheinlich nicht auf dem Stundenplan. Meine Putzerei hat nur kurzen Eindruck gemacht, denn nach zwei Tagen sah es wieder genauso aus.
Ich brutzele und koche jetzt jeden Tag Fleischgerichte und bin über mich selbst erstaunt, was ich alles so im Repertoire habe. Trotzdem ist unsere Küche karo-einfach. Es gibt 4 Töpfe, die auch als Teekanne und Salatschüssel herhalten mussten. Außerdem noch eine Pfanne mit Drehgriff, da musste man immer aufpassen, damit nichts runterfiel. 3 Teller, 2 Tassen, 4 Gläser, 4 Messer, 2 Gabeln, 3 Löffel. Außerdem habe ich jetzt ein Schneidebrett mitgebracht, einen Schäler und eine Knoblauquetsche, allein das war eine wesentliche Verbesserung. Aber für 2 Leute ist es durchaus ausreichend. Wir haben auch einen Stuhl, der Rest sitzt auf dem Bett oder den Wasserkanistern. So ähnlich lebt die Mehrheit der Bewohner Nouakchotts. Wir haben immerhin den Luxus eines eigenen Bads, wenn auch ohne fließendes Wasser, aber mit Toilette und Badewanne.Gekocht wird mit einem Gaskocher - einflammig. Geschnippelt und gegessen wird auf dem Fussboden. Wir haben auch eine Tischdecke, die wir dort ausbreiten - und die inzwischen auch jeden Tag wasche. Es ist alles ein bisschen wie Camping und für einige Wochen wird es gehen. Wenn ich aber länger hier wohnen müsste, würde ich doch einige grundlegende Änderungen einführen. Aber auch, wenn es einfach ist, kann man es sauber halten.Trotzdem gibt es auch hier in Nouakchott fast alles. Ich habe auch einige westliche Supermärkte entdeckt, die fast deutschen Standard haben. Dort kann man alles kaufen und die Preise sind garnicht mal so hoch wie erwartet. Vor allem sind es Fixpreise. Willy kauft meistens auf dem Markt ein, ich würde niemals die lokalen Preise erhandeln können. Das ist dann der ganz alltägliche afrikanische Rassismus. Ansonsten pilgere ich jeden morgen zum Internetladen und erledige alles was so anfällt. Man kennt mich dort und lässt mich gewähren. manchmal bekomme ich mauretanischen Tee serviert und durfte auch schonmal kostenlos surfen, wenn Omar kein wechselgeld hatte. Aber das Internet ist nicht teuer, etwa 50 cents die Stunde. Emails usw. schreibe ich zuhause und schicke sie bei nächster Gelegenheit alle auf einmal los. Zum Glück hatte ich mein Netbook dabei, da hatte ich alle Email-Adressen und andere Sachen parat und musste mich auch nicht mit der französischen Tastatur rumärgern.
Manchmal waren wir abends bei unserer Freundin Brigitte und ihren Kindern, dort gibt es auch Internet, wenn auch nur ziemlich unzuverlässig. Außerdem läuft IMMER der Fernseher mit den unsäglichsten Programmen, Nachrichten werden tunlichst vermieden. Das alles in einer Lautstärke, dass ich mich manchmal frage, ob sie vielleicht schwerhörig sind. Oft stöpselte ich mir die Ohren zu und hörte Musik. Anfangs dachte ich, das sei unhöflich, inzwischen war es mir egal. Es fiel mir auch schwer den afrikanischen, indischen und brasilianischen Seifenopern zu folgen, da ständig zwischen diversen Kanälen hin und hergeschaltet wurde, damit man mehrere Serien parallel gucken kann. Es ist aber nur bei Brigitte so schlimm mit dem Fernsehen, bei unseren anderen Freunden läuft er zwar auch, aber in erträglicher Lautstärke und dort bekomme ich dann auch mal die Nachrichten mit. Ich schätze es sehr, dass Willy keinen Fernseher hat.
Am Sonntag rief die deutsche Botschaft an und wollte Willys Pass haben. Das bedeutet, dass die Dokumente unterwegs sind und das ist ein sehr gutes Zeichen. So fiel die Rückreise sehr viel anders aus als im Dezember.